Experimentelle Fotografie und Bilder aus dem Untergrund

Fotowettbewerb und Ausstellung im Künstlerhaus Dortmund

Spontan, verspielt, schockierend: FEX – Experimentelle Fotografie und Bilder aus dem Untergrund. Was bedeuten diese Begriffe in Zeiten digitaler Bilderflut und der ständiger Verfügbarkeit von Daten? Ist der Untergrund abgetaucht, angekommen oder schon wieder verbraucht vom individuellen Kreativwahn?

Aufbruch

Schon in den Anfängen der Fotografie begeisterten sich Fotografen für das Geheimnisvolle, Unbekannte und Verbotene. Ab Mitte des neunzehnten Jahrhunderts lichteten sie in den Pariser Katakomben die Unterwelt ab und zogen mit sperrigen Großbildkameras durch die Gassen und Hinterhöfe der Großstadt. Sie dokumentierten Orte, die vorher nie gezeigt wurden. Zur gleichen Zeit wurden erstmals Aktaufnahmen in Fotostudios inszeniert, die meist anonym veröffentlicht wurden.

Als Kleinbildkameras und Illustrierte aufkamen, etablierte sich in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts das Genre der Dokumentarfotografie. Die Grenzen des Fotojournalismus wurden ausgelotet; der Amerikaner Weegee wurde mit seinen brutalen Aufnahmen von Gewaltverbrechen der New Yorker Unterwelt berühmt.
 
In Europa entdeckten Dadaisten, Surrealisten und Konstruktivisten die Fotografie für sich. Sie experimentierten mit Doppelbelichtungen, Fotogrammen oder Fotocollagen und die Kunstwelt öffnete sich für das noch junge Medium Fotografie.

Wechsel

Spätestens mit dem Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die private Fotografie selbstverständlicher Bestandteil fast aller Gesellschaftsschichten. Gleichzeitig fand die kommerzielle Werbe- und Reportagefotografie eine immer größere Verbreitung.

Fotokünstler versuchten fortwährend, die Grenzen des Mediums zu erweitern und neue Bildthematiken zu erschließen. So auch die Fotografin Nan Goldin, die in ihrem Werk „The Ballad of Sexual Dependency“ die Grenzen von Dokumentar- und inszenierter Fotografie verschwimmen ließ. Ihre Sammlung von privaten Aufnahmen über das Leben und Sterben der Transvestitenszene in New York wurde erst einer kleinen Szene präsentiert und schockierte später die Öffentlichkeit.
 
Fotografen wie William Eggleston suchten ebenfalls neue Wege – unspektakulärer aber nicht weniger innovativ. Als erster Fotograf, der hauptsächlich in Farbe arbeitete, wurde er im New Yorker Museum of Modern Art ausgestellt. Ihn interessierten die Dinge zwischen den Dingen. Sein Zitat „I am at war with the obvious“ wurde zum Programm einer neuen Generation von Fotografen.

Schnitt

2002 programmierten Caterina Fake und ihr Ehemann Stewart Butterfield das Onlinespiel “Game Neverending”. Nebenprodukt war der Bilderdienst Flickr, der im Februar 2004 online gestellt wurde.
 
Heute sind weit über zehn Milliarden Bilder bei Flickr veröffentlicht, pro Minute kommen über zehntausend Fotos hinzu. Noch erfolgreicher, gerechnet nach Besucherzahlen pro Internetseite, sind der Fotoblog Imgur, der Bilderdienst Instagram oder auch Pornhub, die größte Plattform für Sexvideos und pornografische Fotografie.

Fast alle Fotografen arbeiten heute mit dem Internet; ihre Bilder sind einem breiten Publikum so einfach zugänglich wie noch nie. Den Rezipienten fällt es zunehmend schwerer, zwischen privaten, kommerziellen und künstlerischen Inhalten zu unterscheiden. Andererseits bietet das Internet eine noch nie dagewesene Möglichkeit für Fotografen und Künstler, ihr Publikum ohne komplizierte Produktions- und Vertriebsstrukturen zu finden.

FEX

Mit dem Wettbewerb und der Ausstellung FEX – Experimentelle Fotografie und Bilder aus dem Untergrund, stellen wir die Frage wo und in welcher Form der Untergrund heute noch existiert. Das experimentelle Arbeiten hat sich verändert und durchläuft nicht mehr die Stufen der ausgiebigen Recherche im Labor, bis zur Präsentation vor öffentlichem Publikum. Das Internet bietet die Möglichkeit, augenblicklich alles öffentlich zugänglich zu machen.
 
Wir suchen Positionen, die hinter die digitale Oberfläche schauen. Das Künstlerhaus Dortmund ist Spielstätte für zeitgenössische und experimentelle Kunst und fördert insbesondere junge, nicht etablierte Künstlerinnen und Künstler. Wir freuen uns auf alle Beiträge und Einreichungen.